Erweiterung Gründerzentrum Werk 1.4

In unmittelbarer Nähe zum Münchner Ostbahnhof hatte einst die Firma Pfanni ihren Standort. Seit mehreren Jahren erlebt das ehemalige Industriegelände seine Transformation zum vielfältigen Quartier für Arbeiten, Wohnen und Freizeit, dem sogenannten Werksviertel. Mit dem schrittweise vollzogenen Weiterbau eines ehemaligen Verwaltungs- und Laborgebäudes zum Gründerzentrum setzen Hild und K ihre erfolgreiche Planungstätigkeit innerhalb des Areals fort. Im Werk 1, wo einst die Keimzelle der Produktion lag, werden heute junge Unternehmen bei ihren ersten Schritten unterstützt, durch günstige Büroflächen, Coachings sowie Netzwerk- und Mentoringprogramme.

Mit dem nun fertiggestellten, im Westen anschließenden Erweiterungsbau Werk 1.4 wurden nicht nur weitere Arbeitsräume geschaffen, in den beiden obersten Geschossen stehen den Gründerinnen und Gründern auch kleine Wohneinheiten mit Coliving-Bereichen zur Verfügung. Gemeinschaftlich nutzbare Dachterrassen laden zur Begegnung und zum Austausch ein.

Die architektonische Umsetzung knüpft an Tradition und Geschichte des ehemaligen Industriegeländes an, das konsequent modern in der Architektursprache der Fünfziger und frühen Sechziger Jahre gestaltet war. Heute entwickelt und verwaltet die OTEC GmbH als Familienunternehmen das Areal. Wie die Bauherrnschaft selbst, so legten auch Hild und K Büropartner Dionys Ottl und sein Team großen Wert darauf, den Charakter des Ortes weiterzutragen. Auf historischen Schwarzweißaufnahmen springen markante Hell-Dunkel-Kontraste ins Auge. Sie waren ausschlaggebend vor allem für die Gestaltung der Fassade. Hellgelb glänzende Keramikfliesen kontrastieren mit mattbraunen Ziegeln. Große Fensterflächen mit messingfarbenen Metallprofilen entsprechen in der Detaillierung den filigranen Glasfassaden der Fünfziger Jahre.

Vom industriellen Charakter der Vorgängerbauten inspiriert sind die roh belassenen Oberflächen und die Strukturgläser, mit denen Fensterflächen bereichsweise ausgefacht wurden. Durch letztere gewinnen die teils raumhohen Verglasungen eine lebendige Materialität und Rhythmisierung und die Apartments in den Obergeschossen einen gewissen Sichtschutz. Im Blick von drinnen nach draußen stellt sich zudem ein interessanter Verfremdungseffekt ein.

Auf ganz unterschiedlichen Ebenen entfaltet die Collage von im Bestand vorgefundenen architektonischen Elementen teils verblüffende Wirkung. Der Begriff Bricolage trifft die dahinterliegende Entwurfshaltung sehr gut. Auch innerhalb des Gebäudes bleibt der Geist des Ortes lebendig. Insbesondere die ebenerdige, doppelgeschossige Halle erweist der Vergangenheit ihre Reminiszenz. In ihrer Geometrie entspricht sie nahezu exakt der ehemals hier gelegenen Schlosserei des Pfanniwerks. Stahl und Strukturgläser geben dem Raum einen gewissen Werkstattcharakter. Die beiläufige Ästhetik gewisser Zweckbauten war ausschlaggebend auch für die Gestaltung der Betondecke, der ein sichtbares Schalungsmuster ihren besonderen Charakter verleiht.

Städtebaulich kommt der öffentlichen Passage mit angrenzenden Läden und Cafés eine herausragende Bedeutung für das neue Quartier zu. Als eine Art überdachter Stadtplatz stellt sie einen Begegnungsort und zugleich eine Wegeverbindung zwischen dem südöstlich des Neubaus entstehende Wohnviertel und den nordwestlich gelegenen Büros und Veranstaltungsorten her. Während der geschlossene Riegel von Neu- und Bestandsbauten den nötigen Lärmschutz gewährleistet, sorgt die Passage für Durchlässigkeit und verbindet die Bereiche von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit zu einer lebendigen Einheit. Ein Gussasphaltestrich als Bodenbelag betont diesen Außenbezug.

Dass zugleich innerhalb des Gebäudes kurze Wege erhalten bleiben, dafür sorgt ein offener Steg, der als Stahlkonstruktion die Büroetagen zu beiden Seiten der Passage verbindet.

Projektinformationen

Projekttyp: Gewerbe
Standort: München
Bauherr/in: Otto Eckart GmbH & Co. OTEC KG
Nutzer/in: WERK1.Bayern GmbH
Projektstatus: Gebaut
Meilensteine: 2021 – Baubeginn
2023 – Fertigstellung
Architektur: Hild und K Berlin
Dionys Ottl, Andreas Hild, Matthias Haber, Frank Ziegler
Projektleitung: Ulrike Muckermann (Planung)
Maria Barón (Planung)
Fabian Franck (Ausschreibung)
Elke Unterberger (Bauleitung)
Mitarbeit: Ignacio Llana Garcia, Grace Barnes, Samuel Barringer, Sophia Genikomsidis, Eric Godiveau, Volker Goerz, Lukas Kevekordes, Yurim Lee, Timo Lorinser, Diala Makhlouf, Kerstin Ostermeyer, Fabiana Pizzoli, Pia Sudiarta, Birgit Wessendorf, Birgit Winkelmann, Boris Zhelezov
Projektsteuerung: gapp – Groß Architekten GmbH Projektmanagement Planung
Fachplanung: JÜHLING & KÖPPEL Landschaftsarchitekten GmbH – Außenanlagen
BERK + Partner Bauingenieure GmbH – Tragwerksplanung
PMI GmbH Ingenieure für Bauphysik – Bauphysik
Ing. Wolfgang Spiegl GmbH – TGA Planung
Ingenieur- und Sachverständigenbüro Herrn Dipl. Ing. (Univ), MEng. Sascha Kaefer – Brandschutz
B A S I S Ingenieurgesellschaft für Vermessungswesen mbH – Vermessung
Fotografie: Michael Heinrich

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