Im Jahr 1715 als „Bierwirtschaft am Markt“ eröffnet, ist der nach seinem einstigen Pächter Dionysius Haertl benannte „Donisl“ heute das älteste bestehende Wirtshaus Münchens. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude vollständig zerstört und 1954 wieder aufgebaut. 1999 ging es in das Eigentum der Bayerischen Hausbau über, die sich 2012 zu einer Sanierung entschloss. Da die schlechte Bausubstanz der Traditionsgaststätte am Marienplatz einen Umbau nicht gerechtfertigt hätte, wurde sie bis auf die Fassade abgerissen und durch Hild und K Architekten komplett neu geplant. Nun öffnet sich gleich hinter dem holzgetäfelten Foyer ein weiter, geschossübergreifender Gastraum. Mit dem von Säulen umsäumten Innenhof, in den sich Sitznischen schmiegen, beziehen sich Andreas Hild, Dionys Ottl und Matthias Haber typologisch auf die Alt-Münchner Laubenhöfe. Diese erweitern den Stadtraum in das Gebäude hinein und schaffen so einen urbanen Innenraum inmitten des Hauses. Im München des 21. Jahrhunderts ist diese traditionelle städtische Bauweise fast verschwunden, ein erhaltenes Beispiel jedoch findet sich in unmittelbarer Nähe des Marienplatzes: Der prächtige Innenhof der Alten Münze, des Sitzes des Landesdenkmalamts.
Dem Komfort der Donisl-Gäste kommt es bei kühlen Außentemperaturen oder Regen sehr entgegen, dass der Lichthof der Gaststätte anders als seine Vorbilder überdacht ist. Die Glas-Stahl-Konstruktion lässt Tageslicht ein und kann überdies komplett zurückgefahren werden. Zumindest in den Sommermonaten wird so auch im Inneren des Wirtshauses ein Aufenthalt unter freiem Himmel möglich. Zu jeder Jahreszeit strahlt die Architektur eine heitere Beschwingtheit aus. Dazu tragen die unregelmäßigen Rundbögen und Tonnengewölbe bei, in denen Hild und K die historischen Vorbilder zum Tanzen bringen. Eine große atmosphärische Rolle spielen auch die unterschiedlichen Blickbeziehungen im Raum, der wie das Logenhaus des barocken Theaters das Publikum selbst in Szene setzt. Durch die wie die Säulen asymmetrisch verteilten kreisrunden Fenster entsteht eine zusätzliche Beziehung zum Außenraum. Durch sie sieht der Gast in eine kleine innerstädtische Gasse, die durch den Umbau von ihrer Überdachung befreit wurde und sich nun – auch durch den Einblick in den Gastraum – als öffentlicher Raum von neugewonnener Qualität präsentiert.
Die Festverglasung der Fenster ziert ein schmiedeeisernes Gitter, für dessen Gestaltung die Fensterrosen alter Kirchen Pate standen. Die Rosette ist so etwas wie das Wahrzeichen des neuen Donisl. Sie findet sich in Variationen und Fragmenten im ganzen Gebäude wieder: Unter anderem als Stuckornament im Gastraum, in den neuen Absturzsicherungen der Bestandsfassade oder auch in den Verglasungen der Innentüren. Diese sind wie auch die Holzvertäfelung, die festen Einbauten und die Stühle aus Birnenholz gefertigt. Die Tischplatten bestehen aus Ahornholz und die Böden wurden in Eiche oder in Naturstein ausgeführt. Insgesamt konzentriert sich der Innenausbau auf wenige, aber hochwertige Materialien. Häufig weisen diese einen regionalen Bezug auf, wie die einheimischen Hölzer oder der Wachenzeller Dolomit der Böden im Erdgeschoss. Alle Materialien werden – wie auch die Beschläge und Schankflächen aus Kupfer und Messing – mit der Zeit eine schöne Patina ansetzen.
Der neue Donisl verbindet Tradition und Moderne, Bierkultur und großstädtisches Flair. Die Architekten würden sich freuen, wenn es gelingt, damit die lange Geschichte bayerischer Wirtshauskultur mitten im München des 21. Jahrhunderts fortzuschreiben.