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Neues Zentrum für Kattenturm Mitte

Wir freuen uns über den Gewinn des Wettbewerbs für ein Schlüsselgrundstück im Bremer Ortsteilzentrum „Kattenturm-Mitte“. Die Jury zeichnete unseren Beitrag am 12. April 2023 einstimmig mit dem ersten Preis aus und empfahl ihn damit zur Realisierung.

Die von uns vorgeschlagene Neubebauung stellt als erster Stadtbaustein einen Auftakt für die umfassende Quartiersentwicklung dar. Mit gastronomischen, sozialen und kulturellen Angeboten sowie sozialem Wohnungsbau vereint sie vielfältige Nutzungen unter einem Dach und belebt damit auch den angrenzenden öffentlichen Raum. Für den Holzskelettbau werden überwiegend nachwachsende Rohstoffe verwendet. Auf den Dächern befinden sich Grün- und Spielflächen, welche Biodiversität fördern und wesentlich zum Regenwassermanagement beitragen. Damit setzt das klimaneutrale Gebäude auch hinsichtlich Nachhaltigkeit neue Maßstäbe.

Bereits seit längerem ist die Stärkung des in die Jahre gekommenen Versorgungsbereichs „Kattenturm-Mitte“ Gegenstand vertiefter stadtplanerischer Überlegungen. Der Entwurf baut daher auf einem unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern verabschiedeten Rahmenplan auf und leitet daraus drei zentrale städtebauliche Thesen ab:

  • Kattenturm-Mitte braucht eine deutliche Verdichtung, um die kritische Masse für einen Ort mit Strahl- und Anziehungskraft zu erreichen.
  • Kattenturm-Mitte braucht eine räumliche Fassung, um als Begegnungsraum wahrgenommen zu werden.
  • Kattenturm-Mitte muss neue städtebauliche Prinzipien für die Entwicklung des gesamten Stadtteils aufstellen und hierdurch als Leuchtturmprojekt agieren.

In der unmittelbaren Umgebung finden sich diverse Typologien: Zeile, Hochhaus und Pavillonbau. Der Rahmenplan führt zusätzlich eine Blockform ein. Eine Bebauung des Grundstücks nach einem einzigen dieser Schemata führt nicht zum Ziel. Der Entwurf sieht daher eine differenzierte Volumetrie vor, die aus drei Teilvolumen besteht: Einem zweigeschossigen Sockel, der alle Quartiersnutzungen, das Café und die Intensivpflege-WG aufnimmt und den städtischen Raum fasst. Darauf aufbauend entsteht eine zweigeschossige KiTa plus Dachgarten, so dass sich das Gebäude zum neuen Stadtplatz in der vom Rahmenplan vorgegebenen Höhe von fünf Geschossen präsentiert. Der Wohnturm mit sechs auf den Sockel aufbauenden Wohngeschossen plus Dachgarten im Osten des Grundstücks komplettiert die städtebauliche Setzung. Das Volumen greift bestehende Höhenverhältnisse auf und entwickelt diese auch im Sinne der Rahmenplanung weiter. Räumliche Kanten werden definiert, angemessene Fassadenhöhen zum öffentlichen Raum hin entstehen.

Der Stadtplatz rund um die bestehende Straßenbahnhaltestelle bildet die neue Mitte für den Stadtteil Kattenturm, die vielfältig und mit hochwertigen Nutzungen bespielt wird. So entstehen gastronomische und soziale Angebote, der Wochenmarkt bleibt erhalten und eine Mobilitätsstation schafft mit dem Bus- und Straßenbahnverkehr ein ausgezeichnetes Mobilitätsangebot. Die hierarchiefreie Niveaugestaltung und vielfältige Grüninseln mit Großbaumpflanzungen schaffen einen hochwertigen Ort der Vernetzung und Begegnung.

Im Erdgeschoss direkt am Stadtplatz gelegen befindet sich das Café. Über drei Fassaden belichtet entsteht eine hochwertige Gastronomie, die auch die vorgelagerten Freiflächen mit bespielt. Nach Süden, entlang der Haltestelle, reihen sich Ortsamt, Quartiersmanagement und „Ankommen im Quartier“ an und bilden zusammen mit dem Veranstaltungssaal ein neues Bürgerzentrum. Dem Foyer vorgelagert entsteht ein Vorplatz als Versammlungs- und Treffpunkt und bildet ein räumliches Pendant zum südlich angrenzenden Spielplatz mit Urban Gardening. Von Norden, entlang der Straße, werden die in den Obergeschossen liegende KiTa, die Intensivpflege-WG und die zusätzliche soziale Nutzung über einen gemeinsamen Treppenkern erschlossen. Im Erdgeschoss darunterliegend befindet sich die Erziehungshilfe. Ein weiterer Treppenkern dient der Erschließung der Wohnnutzungen. Alle Gruppenräume der fünfzügigen KiTa erhalten mit vorgelagerten Terrassen einen direkten Zugang zu den Außenspielflächen auf den Dächern. Das begehbare Dach über der KiTa erhält als zusätzliche Absturzsicherung und zum Ermöglichen von Ballspielen eine geschosshohe Umwehrung. Die Intensivpflege-WG im 1.OG besteht aus 23 Zimmern, die kompakt umlaufend um das Volumen angeordnet sind. Im Innern und an einen Gemeinschaftsraum angebunden befindet sich ein Atrium als geschützter Freibereich für die Patient*innen. Die dienenden Räume sind kompakt angeordnet und über einen umlaufenen Erschließungsgang für die Pflegenden leicht zu erreichen. Angrenzend an die Pflege-WG, zum Stadtplatz hin orientiert, entstehen weitere Flächen für zusätzliche soziale Nutzungen, die sowohl im Zusammenhang mit der KiTa (z.B. Nachmittagsbetreuung, Familienbildungsstätten) als auch im Zusammenhang mit der Intensivpflege-WG (zusätzliche Betreuungsangebote, Pflegedienst o.ä.) gedacht werden können. Der Dachgarten auf dem Wohnturm steht allen Bewohner*innen als Spiel- und Erholungsfläche zur Verfügung. Ein Gemeinschaftsraum im 7.OG mit großer Loggia ergänzt das Angebot und kann im Zusammenhang mit dem Dachgarten beispielsweise für Geburtstagsfeiern, Sommerfeste oder zur gemeinschaftlichen Betreuung von Kindern genutzt werden.

Die Wohnungen im östlichen Gebäudeteil bilden den vorgegebenen Mix aus 2-Zimmer-Einheiten für Singles und 3-Zimmer-Einheiten für Alleinerziehende ab. Zusätzlich entstehen 4-Zimmer-Wohnungen, welche das Angebot ergänzen und für eine diverse Mieterschaft sorgen. Insgesamt entstehen 41 förderfähige Wohnungen, die ihre privaten Freibereiche lärmabgewandt, in Form von Loggien, nach Osten und Westen ausbilden.

Architektur ist beim Klimawandel alles andere als unbeteiligt: Die Bauproduktion und der Unterhalt von Gebäuden tragen mit rund 40 Prozent zu den globalen CO2-Emissionen bei. Das Bauen sollte daher bereits strukturimmanente Antworten für die Zukunft liefern. Der Lebenszyklus eines Gebäudes muss wieder, wie vor der Wiederaufbauzeit der 50er Jahre, durch Umbau, Weiterentwicklung, Nutzungsänderung usw. fortgeschrieben und nicht mehr durch Abriss beendet werden. Gebäude müssen dazu flexibel und langfristig nutzbar sein. Es leiten sich drei Anforderungen an die Wahl der Baukonstruktion ab:

  • Serielle Bauteilstruktur: Die Konstruktion soll einen hohen Vorfertigungsgrad aufweisen, um schnelles und kostengünstiges Bauen zu ermöglichen.
  • Zirkuläres Bauen: Über die Lebensdauer des Gebäudes hinaus sollen die Bauteile wiederverwendbar oder zumindest gut zu recyceln sein.
  • CO2-Bilanz und Ökologie der Baustoffe: Die Konstruktion soll aus möglichst ökologisch-nachhaltigen Baustoffen bestehen und eine niedrige CO2-Bilanz aufweisen. Ein hoher Anteil an nachwachsenden Baustoffen ist hier unverzichtbar.

Der Entwurf sieht einen durchgehenden Holzskelettbau mit aussteifenden Treppenkernen aus Stahlbeton vor. Dieses Konstruktionssystem vereint eine flexible und langfristig nutzbare Struktur mit einer sehr niedrigen CO2-Bilanz und stellt somit eine in vielerlei Hinsicht besonders nachhaltige Lösung dar. Die Fassade wird in Holzrahmenbauweise der Tragkonstruktion vorgehängt. Die modulare Bauweise, besonders der Fassade, ermöglicht eine kürzere Bauzeit und Variabilität bei zukünftigen Veränderungen.

Das Gebäude, dessen Tragkonstruktion aus Holz gefertigt ist, zeigt sich auch nach außen als Holzbau. Durch diese Bauweise vorgegeben sind horizontal durchlaufende Bänder in den Geschossebenen als Brandsperre. Zusammen mit der Abfolge von Fensteröffnungen und geschlossenen Wandscheiben entsteht eine differenzierte Hierarchisierung der Fassade. Dabei geht diese auf konstruktive Bedürfnisse genauso ein wie auf den urbanen Kontext, der einer städtischen Fassade bedarf. Die Dachgärten der obersten Geschosse bilden, wie zwei Kronen, den Abschluss der Fassade und machen den gemeinschafts- und sozialorientierten Charakter des Gebäudes weithin sichtbar.